Uggarde Rojr - König des Jenseits
Gotlands größter bronzezeitlicher Steinberg


Uggarde Rojr ist ein riesiger Steinhügel auf einer weiten Ebene im Südosten Gotlands. Der Name Uggarde läßt auf das altnordischen Wort Utgard "Jenseits" schließen. Durch sprachliche Verschleifung (Assimilation) wird im Laufe der Jahrhunderte aus Utgard Uggard. Roi heißt altfranzösisch "König", Royal bedeutet im Englischen königlich. (1)
Der Lautwechsel von l zu r ist eine gewöhnliche Lautvertauschung.


Uggarde Rojr


Ein gewaltiger menschengeschaffener Steinberg, der "König des Jenseits" heißt. In der Nordischen Mythologie war der König des Jenseits der Todesgott Odin. Er wird in Verbindung gebracht mit einem Ruhepunkt, einer Achse, um den sich die Welt in ihrem Entstehen und Vergehen dreht.

Ein acht Meter breiter Weg führt von Nordosten zum Steinberg. Er ist eingehegt durch uralte Steinmauern links und rechts. Er wirkt wie eine uralte Prozessionsstraße zu einem Heiligtum. Waren die vorgeschichtlichen Äcker mit den rechtwinklichen Pflügespuren Kultäcker oder abgegrenzte Sammellager für die vielen Teilnehmer eines Rituals?


Luftbild Uggarde Rojr


Am Ende der breiten Straße führt ein uralter Weg nach Süden zu einer großen kahlen Ebene. Majestätisch erhebt sich dort der acht Meter hohe Uggard Rojr zum Himmel. Vorsichtig besteige ich den Jenseitskönig. Es ist Juli und Mittagszeit. Von oben sehe ich im Südosten das Meer gleißen.


Aussicht auf das Meer vom Uggarde Rojr


Ich lege mich in den kleinen Krater an der Spitze und sehe einen seltsamen länglichen Stein aus Bergkristall, der wohl nicht aus dieser Gegend stammt. Die Sonne brennt mir auf den Kopf. Einen Augenblick habe ich das Gefühl, die alten Götter geben mir einen Schlag und ich werde nie wieder von diesem Berg herabsteigen.

Von oben sieht man seltsame Steinschnüre auf der weiten kahlen Ebene.


Steinschnüre beim Uggarde Rojr


Sieben andere Steinhügel sind vom Uggarde Rojr aus sichtbar. Sieben ist in der altnordischen Mythologie eine glücksverheißende Zahl. Nachdem ich vorsichtig heruntergeklettert bin, erkunde ich die Ebene. Vor einem Steinhügel stehen zwei riesige Steine wie ein Tor. In ihnen sind Schälchen. Schälchensteine sind uralt und finden sich in der Nähe von Heilgen Orten. Möglicherweise wurden nach einer Initiation den Teilnehmern kleine herausgeschlagene Steinteile als Amulett und Schutz mitgegeben.


Steinhügel mit Schälchensteinen


Auf der Ebene sollten bei Ausgrabungen in den siebziger Jahren Reste von Menschenknochen gefunden worden sein.

Welcher Art könnten die Kulte gewesen sein, die hier vor tausenden Jahren stattfanden? Einen Hinweis geben vielleicht die Steinschnüre, die über die Ebene gezogen sind. Hier ein Bild von Google Earth:


Steinschnüre beim Uggarde Rojr aus der Luft



Steinschnüre beim Uggarde Rojr aus der Luft


Sie verlaufen von Nordost nach Südwest und von Nordwest nach Südost. Die Sonne geht zur Sommersonnenwende im Nordosten auf und im Nordwesten unter. Zur Wintersonnenwende geht sie im Südosten auf und im Südwesten unter. Die Steinschnüre und der Uggard Rojr sind also möglicherweise ein Observatorium für die Sonnenbeobachtung und die Kulte zu den Sonnenwenden.

(1) beide Wörter sind verwandt mit dem lateinischen Wort "Rex, Regis - König"; Roi bedeutet auf altnordisch "Ruhe, Frieden" (Köbler, Gerhard, Altnordisches Wörterbuch)


©Antje Riederer, Magistra Latein, Griechisch Philosophie
Sebnitz, 21.08.2022
antje.riederer@hotmail.de